Am 31. Oktober 1517 schlug Martin Luther seine 95 Thesen an die Schloßkirche in Wittenberg, mit denen die Reformation ihren Anfang nahm. Im Landgericht Ortenberg, zu dem Usenborn gehörte, wurde zwischen 1535 und 1541 die Lutherische Lehre ruhig und geordnet eingeführt.

Schon bald waren Bestrebungen zu einer Kirchenunion der verschiedenen protestantischen Bewegungen im Gange, die aber erst im 19. Jahrhundert, beginnend in Preußen, zum Erfolg führten.

Der Rückgang des konfessionellen Bewußtseins und des Bekenntnisses zur Bibel durch den Pietismus und Rationalismus des 18. und 19. Jahrhunderts führte 1851 zur Gründung der „Lutherischen Einigung“, zu deren Mitgründer der Höchster Pfarrer Bingmann gehörte. Sie sollte die Grundsätze der Lutherischen Kirche in allen Bereichen des kirchlichen Lebens zur Geltung bringen.

Mit dem Edikt vom 6. Januar 1874 wurde die evangelische Landeskirche im Großherzogtum Hessen-Darmstadt eingeführt, die seit 1871 provisorisch existierte. Ihr gehörten die reformierte, unierte und lutherische Kirche im Großherzogtum Hessen-Darmstadt an.

Am 18. Januar 1874 starb der Pfarrer Karl Kißner, der seit 1859, zuerst aushilfsweise, in Usenborn wirkte. Er lehnte die Einführung der Landeskirche ab.

Mit einem Schreiben vom 19. März 1874 an die großherzogliche Regierung lehnte die Usenborner Kirchengemeinde unter der Führung der Kirchenvorsteher Bürgermeister Johannes Vogel, Johann Ernst Ritzel, Kaspar Geist, Heinrich Emrich V., und Johann Balthasar Jöckel die Verfassung der Landeskirche als gegen Gottes Wort und das lutherische Bekenntnis gehend ab.

Mit Schreiben vom 22. April 1874 wird der „renitente“ Pfarrvikar Richard Lucius als Pfarrverwalter von Usenborn berufen, dem der Patronatsherr der St. Laurentiuskirche, der Graf zu Stolberg-Wernigerode jedoch die Präsentation und Anerkennung versagte.

Im April und Mai 1874 weilte der Dekan des landeskirchlichen Dekanats Büdingen mehrmals in Usenborn und warb für den Beitritt zur Landeskirche, dem im Laufe des Jahres etwa 60% der Usenborner Einwohner folgten.

Die „renitenten“ Usenborner Einwohner konstituierten am 21. Juni 1874 die Unabhängige Lutherische Kirchengemeinde in Usenborn und weihten am 28. Oktober 1875, dem Simon-Judae-Tag, ihre eigene Kirche im Scheunengebäude einer Hofreite ein.

Am 3. Januar 1876 rief Pfarrer Richard Lucius einen Kirchenchor ins Leben, dem zuerst nur Männer, bald aber auch Frauen angehörten. Der Männer- und der Gemischte Chor bestanden bis nach dem Ende des 2. Weltkrieges noch nebeneinander.

Auf einem Konvent der „renitenten“ Kirchengemeinden des Großherzogtums Hessen-Darmstadt am 3. November 1877 in Stammheim wurde die Selbständige evangelisch-lutherische Kirche gegründet.

Nach einem fünfjährigen Kampf mit vielen Repressalien gegenüber den Pfarrern und Kirchengemeinden erhielt die Selbständige evangelisch-lutherische Kirche mit ihren angehörenden Gemeinden am 4. Juli 1879 die Anerkennung als eigenständige Kirche.

Es dauerte jedoch noch einmal fünf Jahre, bis die St. Simon-Judae Gemeinde im Jahr 1884 nach einer Verzichtserklärung auf das Kircheneigentum der St. Laurentiuskirche die Rechte einer juristischen Person bekam und das Kirchengrundstück in der Brunnenstraße auf die Kirchengemeinde überschrieben werden konnte. Im selben Jahr wurde auch das Pfarrhaus aufgestockt. Schon 1890 wurde eine Orgel gekauft. Der erste Organist war Philipp Emrich, der seitdem auch die Kirchenchöre leitete.

Auf einem Konvent am 8. August 1893 in Usenborn schlossen sich die „renitenten“ Kirchengemeinden aus Kurhessen (Kassel) und dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt zur Selbständigen evangelisch-lutherische Kirche in hessischen Landen unter einem gemeinsamen Superintendenten zusammen. Superintendent war später Pfarrer Ludwig Draudt, der von 1910 bis 1923 in Usenborn als Pfarrer wirkte.

Im Jahr 1903 wurde mit dem umfangreichen Um- und Ausbau des Kirchengebäudes begonnen. Die Einweihung der neu errichteten Kirche erfolgte nach einjähriger Bauzeit am 13. April 1904. An diesem Tag waren auch zum ersten Mal die Kirchenglocken zu hören, die nach den beiden Weltkriegen, in denen sie kriegsbedingt eingezogen wurden, jeweils erneut gekauft werden mußten.

Nach der Anregung zur Gründung eines Posaunenchores in Usenborn von Johannes Winter aus Höchst am 28. April 1907 wurden schon bald Instrumente bestellt und am 28. Juli 1907 der Posaunenchor der St. Simon-Judae-Kirchengemeinde gegründet. Erster Chorleiter war Philipp Emrich.

Im Jahr 1924 richtete die St. Simon-Judae-Gemeinde erstmals ein Posaunenfest der Selbständigen evangelisch-lutherischen Kirche in Usenborn aus, das im Garten der Familie Wagner, Ecke Stolberger Straße/Brunnenstraße, gefeiert wurde.

Im Jahr 1929 übernahm Pfarrer Franz Greiner die St. Simon-JudaeGemeinde und leitete sie durch die schweren Zeiten des Nationalsozialismus bis 1957. Pfarrer Greiner betreute als erster Pfarrer die Usenborner Gemeinde und die Selbständige Evangelisch-Lutherische St. Martinsgemeinde in Höchst an der Nidder, an der er schon seit 1910 wirkte, bis 1957 gemeinsam.

1950 richtete die Usenborner Gemeinde zum zweiten Mal das Posaunenfest aus, an dem etwa 200 Bläser teilnahmen. In den 1950er Jahren wurden auch zwei neue Fenster für den Altarraum angefertigt, die die Namensgeber der Kirche, Simon und Juda, darstellen.

Am 6. Juni 1971 richtete die Usenborner Gemeinde zum dritten Mal das Posaunenfest aus, das vormittags im Freien am Gelnhaarer Berg und nachmittags im Bürgerhaus Hirzenhain gefeiert wird.

1972 erfolgte der Zusammenschluß der Evangelisch-lutherischen (altlutherischen) Kirche, der Selbständigen evangelisch-lutherischen Kirche und der Evangelisch-lutherischen Freikirche mit ihren Gemeinden zur Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) mit dem Bischofssitz in Hannover.

1974 wurde die neue Orgel mit einem Konzert eingeweiht. Gleichzeitig wurde die Empore vor der Orgel neu gestaltet. 1982 feierte der Posaunenchor sein 75jähriges Jubiläum. Verbunden waren die Feiern mit der Ausrichtung des Posaunenfestes des Sprengels Süd der SELK am 15. und 16. Mai 1982 in der Marienkirche und im Bürgerhaus Ortenberg, das der Kirchenbezirk Höchst-Usenborn gemeinsam ausrichtete. Das Konzert zum Jubiläum war auch der letzte große Auftritt des Kirchenchores nach über 100jährigem Bestehen.

In den letzten Jahren wurden die Kirche, das Pfarrhaus und die Nebengebäude von Grund auf renoviert. So wurde der Boden in der Kirche erneuert und eine neue Heizung eingebaut, im Pfarrhaus die Räume neu gestaltet und in den Obergeschossen vermietet und die Nebengebäude umgestaltet. Die St. Simon-Judae-Gemeinde Usenborn besteht aus 155 getauften Gemeindegliedern, davon 125 Erwachsene und 30 Kindern und Jugendlichen, was etwa 25% der Usenborner Einwohner entspricht.